Schon seit einigen Jahren bewegen wir uns auf Luthers Spuren, mal in einer Gruppe ökumenisch bewegter Freunde, mal auch nur zu zweit. Wir sahen in Worms die Stelle, an der Luther dem Kaiser widerstand, auf der Wartburg den berühmten Tintenfleck an der Wand. In Augsburg suchten wir den Mauerdurchbruch, durch den Luther nach einem Streitgespräch mit dem päpstlichen Gesandten Cajetan heimlich aus der Stadt floh. In Rom standen wir an der Treppe, an der der damalige Mönch seine Bußübungen vollzog. Und in Wittenberg konnten wir im Schwarzen Kloster nachvollziehen, wie der Reformator lebte und arbeitete. Und nun Schmalkalden – eine wunderschön restaurierte Fachwerkstadt am Fuß des Thüringer Waldes mit einer für den Protestantismus in Deutschland bedeutsamen Geschichte.
In Schmalkalden gründeten die evangelischen Fürsten 1530 den Schmalkaldischen Bund, ein Verteidigungsbündnis gegen den Kaiser. Sieben Bundestagungen wurden in der Stadt, die damals zu Hessen gehörte, abgehalten, die glanzvollste fand 1537 statt: Fürsten, Vertreter von Reichs- und Hansestädten, Gesandte des Kaisers und des Papstes kamen. Und Theologen, an ihrer Spitze Martin Luther. Hier legte der Reformator die Schmalkaldischen Artikel vor. Sie gehören heute noch zu den Bekenntnisschriften der evangelischen Kirchen und gelten als sein ganz persönliches Bekenntnis. Das prachtvolle Fachwerkhaus, in dem Reformator damals abstieg, kann man heute noch in Augenschein nehmen. Und im Museum Schloss Wilhelmsburg lässt sich die Bedeutung des Schmalkaldischen Bundes in einer sehr gelungenen multimedialen Dauerausstellung, für die man sich Zeit nehmen sollte, nachvollziehen.
Genauso spannend kann es aber sein, die Wege Luthers außerhalb der Stadt zu suchen. Thüringen ist voller Lutherwege und einer davon führt von Schmalkalden nach Wittenberg. Ihn soll der Reformator genommen haben, als er schwer krank vom „glanzvollen Fürstentag“ abreiste. Er führt über den Thüringer Wald und lässt sich gut wandern. Luther, von Blasen- und Nierensteine furchtbar geplagt, reiste aus Schmalkalden ab und übernachtete dann in Tambach-Dietharz. Die Schmerzen waren so stark, dass er glaubte, sterben zu müssen. In der Nähe des Ortes trank er aus einer Quelle und am nächsten Morgen war er von seinen Qualen befreit. Er schrieb an seinen Freund Melanchthon „aus Tambach, dem Ort meiner Segnung (…), an dem mir Gott erschien“. Ob es nun wirklich die Quelle war oder der holprige Weg, der ihn von seinen Nierensteinen erlöste, lässt sich nicht entscheiden, die Quelle aber ist heute als Lutherbrunnen zu besichtigen. Der Lutherweg führt direkt daran vorbei. Wir sind den gut ausgeschilderten Weg im März in umgekehrte Richtung, also vom Brunnen nach Schmalkalden, gelaufen und konnten die Stille und schöne Ausblicke genießen. Um diese Jahreszeit waren wir selbst auf dem berühmten Rennsteig allein. In der Nähe der Stadt begleiten dann Schilder mit Lutherzitaten die Wanderer.
Der Schmalkaldische Bund unterlag im Schmalkaldischen Krieg von 1546/47, dennoch gelang es Kaiser Karl V. nicht dauerhaft, den Protestantismus in Deutschland zurückzudrängen.
Angela Rietdorf