Es war schon anders als gewohnt: vor der Tür der Christuskirche wurden die Hände der Gottesdienstbesucher desinfiziert. Dann konnten sie sich eine der liebevoll selbstgemachten, Mund und Nase bedeckenden Masken aussuchen. Am Eingang wurden Namen und Adresse in eine Liste eingetragen. Im Kirchenraum selbst waren die Hälfte der Bänke und die Empore gesperrt, auf den anderen Bänken waren einzelne Plätze mit entsprechendem Abstand ausgewiesen. Auf Gesang wurde verzichtet, aufs Händeschütteln natürlich auch, anderthalb Meter Abstand waren angesagt. Der erste Gottesdienst in der Christuskirche nach der Corona-Zwangspause stand im Zeichen der Sicherheitsmaßnahmen. Und doch: „ Viel besser so als gar nicht“, sagt Ulrike Berthold nach dem Ende des Gottesdienstes. „Es hat mir wirklich gut getan.“
Seit dem 1. Mai sind Gottesdienste in Nordrhein-Westfalen wieder erlaubt. Die evangelischen und katholischen Gemeinden in Mönchengladbach hatten sich verständigt, gemeinsam nicht vor dem 10. Mai zu beginnen. So war genug Zeit, ein Schutzkonzept zu erarbeiten und umzusetzen. Auch das Presbyterium der Christuskirchengemeinde hatte sich entsprechend vorbereitet. Die Presbyterinnen und Presbyter standen bereit, um zu desinfizieren, Listen zu führen und zu organisieren. Und den Gottesdienst nach langer Unterbrechung mitzufeiern. „Es ist eine Möglichkeit, um Gemeindenähe erleben zu können“, sagt Presbyterin Ursula Peters. „Man sieht und fühlt die Gemeinde wieder“, stellt auch Christoph Unzen, seit März Presbyteriumsmitglied, fest.
So denken viele: Aufgrund der Sicherheitsmaßnahmen können nur 34 Gottesdienstbesucher am ersten Gottesdienst teilnehmen, deshalb wartet eine Gruppe auf dem Kirchenvorplatz auf den folgenden zweiten Gottesdienst. Unter den Wartenden sind Karin und Jürgen Pietsch. „Wir sind sonst jeden Sonntag im Gottesdienst. Uns hat etwas gefehlt.“
Währenddessen predigt Pfarrer Werner Beuschel in der Kirche am Sonntag Kantate über Musik. Und das, obwohl auf Gesang zu verzichten ist. Angeregt vom Wochenlied „Du meine Seele, singe“ zieht er die Verbindung zum Beatles-Song „With a little help from my friends“ dessen Coverversion von Joe Cocker und zu den Psalmen. Zum Schluss erklingt der moderne Klassiker noch auf der Orgel, gespielt von Suin Chen-Haurenherm. Die Texte der anderen Lieder, die von der Gemeinde nicht mitgesungen werden können, verliest Pfarrer Beuschel während die Orgel die Melodie spielt. „Die gesprochenen Liedtexte waren wunderbar“, sagt Ulrike Berthold hinterher. „So hat man viel stärker auf den Inhalt geachtet.“ Während des Segensliedes stehen einigen Gottesdienstbesuchern die Tränen in den Augen. Das Coronavirus hat vieles verändert und viel Angst und Unsicherheit geschaffen. Vielleicht aber auch das Gefühl geschärft für den Wert gemeindlichen Lebens und gottesdienstlichen Erlebens. Auf Distanz und doch nah.
Angela Rietdorf