Es ist 8.15 Uhr an einem Donnerstagmorgen. Draußen scheint die Sonne von wolkenlosem Himmel, während sich die Christuskirche mit fröhlichen Stimmen füllt. Der Schulgottesdienst für die Jahrgangsstufe 5 und 6 des Stiftisch-Humanistischen Gymnasiums, kurz Huma, beginnt. Vorbereitet hat ihn Felix Syring, Lehrer für evangelische Religion, mit seinen Schülerinnen und Schülern. Den Gottesdienst leitet Pfarrer Werner Beuschel, der sich für die Christuskirchengemeinde um die Schulseelsorge am Huma kümmert. Auf katholischer Seite ist Pastoralreferent und Schulseelsorger Hans-Willi Hauser zuständig. Schulseelsorge ist so weit wie möglich ökumenisch ausgelegt. So wechselt auch der Ort: mal findet der Gottesdienst im Münster statt, mal in der Christuskirche. Und mal leitet ihn Pastoralreferent Hauser federführend, mal Pfarrer Beuschel. Aber fast immer sind beide gemeinsam im Einsatz.
Ökumene war auch das Unterrichtsthema, mit dem sich die Schülerinnen und Schüler beschäftigt hatten: „Typisch evangelisch, typisch katholisch“ stand auf dem Lehrplan. Aber eigentlich sei evangelisch oder katholisch für die Schüler kein Thema mehr, weiß auch Lehrer Felix Syring. Deswegen geht es im Gottesdienst unter Bezug auf die erste von Luthers 95 Thesen um Umkehr. „Kehrt um – wenn Menschen auf dem Holzweg sind“ lautet die Überschrift. „Der Holzweg“, erläutert Pfarrer Werner Beuschel, „ist ein Weg, der ins Nichts führt. Es ist ein Weg, der beim Holzfällen im Wald zum Abtransport diente und deshalb als Sackgasse endet.“ Der verlorene Sohn aus dem Gleichnis Jesu gelangt in eine solche Sackgasse, kehrt um und wird vom Vater in großer Liebe wieder aufgenommen.
Diese wunderbare Geschichte steht im Mittelpunkt des Gottesdienstes und wird von vier Schülerinnen und Schülern mit viel Engagement vorgespielt. Ihr Anspiel löst bei den Mitschülern spontanen Applaus aus. „Das Anspiel war ein sehr starker Moment“, stellt Pfarrer Beuschel im Anschluss fest. Auch seine Predigt stellt das Gleichnis in den Mittelpunkt: „Die Liebe des Vaters ist so groß, dass er nicht anders kann, als dem Sohn entgegenzulaufen und ihn in die Arme zu schließen.“
Bei der Mitmachaktion bekommen alle Kinder golden glitzernde Pfeifenputzer. „Ihr könnt zwei Kurven hineinbiegen“, erklärt ihr Lehrer. „Wenn man vom Weg abkommt und wieder umkehrt, ergibt das einen Ring.“ Als alle einen solchen goldenen Ring gebogen haben, recken sich die Hände nach oben. Der verlorene Sohn habe so einen Ring von seinem Vater bekommen, zum Zeichen, wie lieb er ihn hat, erinnert Felix Syring seine Schülerinnen und Schüler an das Gleichnis.
Fürbitten, Vaterunser und Segen schließen den Gottesdienst ab. Wie haben ihn die Schüler erlebt? War der Gottesdienst einfach nur eine Pflichtveranstaltung? Die 12jährige Lilly, selbst als Messdienerin aktiv, schüttelt den Kopf: „Der Gottesdienst war wirklich schön.“ Und der neben ihr stehende Tobi nickt sehr zustimmend. „Schulgottesdienste“, sagt Pfarrer Werner Beuschel, der selbst bis zu 20 Schulgottesdienste im Jahr durchführt, „sind sehr wichtig, um die Verbindung zwischen Schule und Gemeinde zu stärken.“
Angela Rietdorf