Der Lutherweg 1521 ist ein etwa 400 Kilometer langer Pilgerweg, der von Eisenach über die Wartburg, Berka an der Werra, Bad Hersfeld, Alsfeld, Grünberg, Friedberg, Frankfurt am Main, Oppenheim bis Worms führt. Er wurde zum 500-jährigen Luther-Jubiläum 2017 vom „Verein Lutherweg“
eingeweiht. Der heutige Weg lehnt sich zum größten Teil an Martin Luthers Reiseweg zum Wormser Reichstag im April 1521 an. Als Weg benutzte er größtenteils die damals schon vorhandene mittelalterliche Handelsstraße, „Kleine Hessen“ genannt, die von Frankfurt am Main bis Leipzig führte.
„Auf dem Pilgerweg gehen – versunken in meine Gedanken, in mich gekehrt, ganz und gar bei mir. Ich empfinde es als Wohltat für mich, allein zu sein! Manchmal geschehen dabei kleine Wunder, Knoten platzen, wo vorher keine Lösung in Sicht war. Im Gehen findet Veränderung statt, Wege öffnen sich. Ich kann meine Schritte neu wählen.“ Treffe ich Menschen, grüße ich sie – verweile einen Moment im Gespräch. Wir wünschen „Frieden“ und „alles Gute!“ (Imke Leipold, Worte am Weg)
Wir, meine Pilgerfreundin und ich, brechen in Eisenach auf, starten durch das Luthertor, wie es einst auch Martin Luther tat und wollen eine Woche auf dem „Weg“ sein. Vorläufiges Ziel für diese Tour soll das 150 Kilometer weit entfernte Grünberg werden. Mit im sieben Kilo schweren Rucksack: der Pilgerführer des Vereins mit einer Auflistung von Einkehrmöglichkeiten und Sehenswertem am Weg, Kartenmaterial, der Pilgerausweis und jede Menge gute Laune, Zuversicht und Freude am Pilgern.
Erste Belohnung – die Wartburg! Mir fällt direkt ein: „Ein feste Burg ist unser Gott.“ Dort oben zu stehen, die Landschaft rundherum mit Feldern, Wäldern und kleinen, verspielten Fachwerk- Orten zu sehen, ist ein ergreifender Moment. So schön ist Gottes Schöpfung! Ruhe, Frieden und Dankbarkeit überkommen uns. Jetzt ausruhen, an nichts denken, nur den Moment genießen, das Alte hinter sich lassen, einfach nur weg sein!
Und in der Burg, die alte Lutherstube, in der einst Martin Luther die Bibel übersetzte, eine enge, muffige Kammer mit Schreibpult und Holzschemel, kaum zu glauben, dass man in dieser Stube so viel Spiritualität und Kreativität entwickeln kann.
Wir verlassen Thüringen hinter Berka an der Werra, sehen dem stark mäandrierenden Fluss zu und empfinden das klare, frische Wasser als wahre Wohltat, zum Erholen, Kraft schöpfen. Besonders erwähnenswert ist das Durchqueren des „Grünen Bandes“, dem ehemaligen breiten DDR-Grenzstreifen, der seit 1989 der Natur überlassen bleibt, eine grüne Lunge für Erholungssuchende und ein Reservat für Tiere jeglicher Art. Eine Eule fliegt plötzlich vor uns auf, als wir vorüberwandern.
Vorbei an der Wüstung „Hammundeseiche“, ein verlassener Ort, schon zu Luthers Zeit. Grundmauern der Kirche und des Dorfbrunnens wurden freigelegt, auch eine 1000-jährige Eiche, die dem Ort mal den Namen gab, sind heute noch zu bewundern. „Von Bäumen sagt man, sie gäben Kraft von ihrer Kraft.“ Wenn man sie umarmt, die Rinde fühlt, das Holz riecht, Alter und Größe spürt, dann bekommen wir eine kleine Ahnung von der Schöpfung.
In Friedewald sehen wir ein Wasserschloss, in Bad Hersfeld die Stiftsruine und in Breitenberg die Burg Herzberg, die mit 406 Metern die höchste Erhebung auf dem Lutherweg bildet; allesamt sehr geschichtsträchtig!
Luther zog mit seinem Tross dort entlang und übernachtete vielfach auf Burgen und Schlössern. Orte wie Alsfeld, Mücke und zuletzt auch Grünberg sind an der „Deutschen Fachwerkstraße“ gelegen, sie geben ein Zeugnis alter Baukunst, die in diesem Jahrhundert durch harmonische Farbgebung, regelrecht herausgeputzt worden sind. Dementsprechend sehen auch die kleinen Kirchen und Kapellen am Wegesrand aus. Fachwerkkirchen, in denen wir in Stille verweilen, ausruhen von der Anstrengung und das Innenleben bewundern können.
In Grünberg endet unser Pilgerweg für dieses Mal; vor uns liegt noch eine sicherlich interessante, abwechslungsreiche 210 Kilometer lange Wegstrecke, die wir auch noch erleben wollen.
Gabriela Ferfers-Weitz