Armut hat viele traurige Gesichter: Obdachlosigkeit, Arbeitslosigkeit,Kinderarmut, Bildungsarmut, Altersarmut, kulturelle Armut, Armut aufgrund gestiegener Energie- und Lebensmittelkosten, Einsamkeit, Armut an der öffentlichen Teilhabe. Viele Gesichter, aber keine Lobby. Der Kreuzweg der Gerechtigkeit, der in diesem Jahr am 30. März 2023 stattfand, wollte Armut sichtbar machen. Er war eingebettet in den Sieben-Wochen-Zyklus der diesjährigen Heiligtumsfahrt, die unter dem Motto „Verwoben“ stand. Das Thema Armut ist die thematische Leitlinie, die die fünf Stationen des diesjährigen Kreuzweges durchzog.
Etwa 50 Teilnehmer starteten an der Erzbergerstraße nach einer kurzen Andacht am Bruno-Lelieveld-Haus mit dem vorangetragenen Kreuz zur ersten Station auf dem Bismarckplatz: „Armut macht einsam“. Diese Station wurde von der GdG (Gemeinschaft der Gemeinden) Rheydt-West gestaltet mit Liedern, Gebet und
meditativen Gedanken. Inzwischen hatten sich noch einige Interessierte eingereiht, so dass die Gesamtzahl auf 60 Teilnehmende anwuchs.
An der zweiten Station Stephanstraße Ecke Hindenburgstraße gestaltete die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) das Thema: „Armut macht unsichtbar“. Die kfd stärkt Frauen für eine gerechtere Teilnahme in ihrer Lebens- und Arbeitswelt, Bildungsarbeit und der Teilnahme an Kultur und Mobilität.
Die dritte Station unter der Federführung der historischen Schützenbruderschaft stellte die Frage: „Was macht unsere Gesellschaft ärmer?“. Auch Antworten auf die Frage „Was kann ich selbst tun, um unser Gemeinwohl und unsere Gesellschaft zu bereichern“ wurden gesucht: zum Beispiel die Tafel unterstützen, Obdachlosen finanziell helfen, Nachbarschaftshilfe fördern.
An der vierten Station am Sonnenhausplatz zwischen den Eseln lagen viele abgetragene Schuhe und schwere Rucksäcke aufgestapelt: „Läufst du in meinen Schuhen, trägst du meinen Rucksack?“. Ein Thema, dem sich der Katholische Verein für soziale Dienste Rheydt gewidmet hatte. Die Betrachter wurden aufgefordert: „Laufe 100 Schritte in den Schuhen eines anderen, dann lernst du ihn näher kennen“. „Trage meinen Rucksack. Dann weißt du, wie schwer mein Alltag ist, denn mein ganzes Hab und Gut trage ich immer auf meinen Rücken und schütze es vor Nässe und Diebstahl.“
Der Kreuzweg endete mit der fünften Station am Arbeitslosentreff Lüpertzender Straße unter dem Thema „Soziale Gerechtigkeit in der Stadt“. Hier wird täglich ein warmes Mittagessen an Bedürftige ausgegeben. Die Teilnehmer hatten dort Gelegenheit, sich bei Brot und Getränken an runden Tischen auszutauschen.
In der Stadt wurde dieser Kreuzweg interessiert beobachtet, Gäste kamen dazu, einige Obdachlose nahmen teil und waren froh, auch einmal ins Gespräch zu kommen.
Gabriela Ferfers-Weitz