„Aufs Kreuz gelegt“. Musikalische Geständnisse

Er wäre religiös absolut unmusikalisch, so gestand einst brieflich der gelehrte Max Weber. Wobei Musikalität im übertragenen Sinn zu verstehen war. Der Sozialwissenschaftler wollte nicht sein Verhältnis zum Orgelkonzert oder dem Weihnachtsoratorium beschreiben. Ihm ging es um seine Begabung zur Religion. Da hielt er sich für ziemlich untalentiert.  Das kann vorkommen. Auch die Bibel und ihre Ausleger, Martin Luther voran, nennen den Glauben ein Gottesgeschenk. Ein Talent. Wo es ankommt, soll man bloß nicht sagen: Annahme verweigert.

Auf meine letzte Kolumne schrieb mir ein Musiker. Wir kennen uns und mögen uns. Gemeinsam waren wir auch gern beruflich unterwegs, er mit seinem musikalischen, ich mit meinem theologischen Handwerkskasten. Von seiner religiösen Musikalität wusste ich kaum etwas.  J.K. hat sie mir nun gezeigt. Er schickte mir ein Foto, das links neben diesen Zeilen zu sehen ist, mit folgender Erläuterung: „Seit vielen Jahren besuche ich dieses Kreuz, fast täglich. Und dann wird über alles Mögliche gesprochen und ich verabschiede mich mit einem Text, der unterhalb vom Kreuz auf einer steinernen Platte befestigt ist.“

„Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost, was kommen mag“. So steht es auf dieser Platte. Die Worte Dietrich Bonhoeffers sind hier buchstäblich aufs Kreuz gelegt. Der bedeutende evangelische Theologe und Widerstandskämpfer hat sie in der Gestapo-Haft geschrieben. In einem Brief an seine Verlobte zum Jahreswechsel 1944 / 1945. Er ahnte, dass er das neue Jahr nicht überleben wird.

Schon viel früher hat Bonhoeffer sein Glaubensbekenntnis verfasst. Es enthält auch diese Gewissheit: „Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage so viel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen. Aber er gibt sie nicht im Voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen.“

Mit der Vorratswirtschaft ist das also so eine Sache. Wir erleben es in diesen Tagen. Ein großer Discounter hat heute ganzseitig in der Tageszeitung inseriert und gibt als eine von drei Empfehlungen: „Kaufe nur, was du benötigst“. Kolumnen-Leser G.K. fiel schon vor drei Tagen auf: „Die Deutschen sammeln Toilettenpapier, die Franzosen sammeln Kondome und Rotwein! So ist die Welt!“ Maß und Mitte voneinander zu lernen, könnte ja auch ein Projekt der Vereinigten Staaten von Europa sein.

Ich freue mich über tagesfrische Rückmeldungen. Ich betreibe nur begrenzte Vorratshaltung. Schreiben Sie mir: werner.beuschel@ekir.de.

Gott gebe Ihnen die Widerstandskraft, die Sie brauchen. Bleiben Sie von ihm behütet.

Ihr Pfarrer Werner Beuschel

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