Karneval voll korrekt

In diesen Tagen geht es wieder richtig rund an Karneval. Auch auf den Straßen. Und die Idee für den Weg zum Rathaus in Rheydt kommt buchstäblich von ganz oben. Ein Sternmarsch ist nämlich im schönen Rheydt am Rosenmontag geplant. An vier Punkten starten die Karnevalisten. Eine ganz neue Strategie. Das Ziel? Nein, nicht der Rathaussturm. Das war gestern. Heute heißt es Rathausübernahme. Klingt gleich sympathischer. Schön schiedlich-friedlich. Daran muss sich unsere Borussia unbedingt ein Beispiel nehmen. Aber wie wird sie demnächst Hermann, Plea & Co. nennen? Stürmer geht nicht mehr so gut. Man darf gespannt sein.

Kommen wir zum Wichtigen. Kommen wir zur Hauptsache. Und die ist ja an Karneval noch immer der Spaß an der Freud. Die darf auch gern in den andern vier Jahreszeiten eine Rolle spielen. „Ich bin vergnügt, erlöst, befreit“, dichtete Hanns Dieter Hüsch. Vor allem am Niederrhein hat er den Rang eines fünften Evangelisten. Mit seinem Gedicht übertrug Hüsch einen biblischen Psalm in die Sprache unserer Zeit. Man muss nicht nur ein Jeck sein, um sich davon angesprochen zu fühlen.

Der Ernst des Lebens spielt aber in der närrischen Zeit immer noch eine Rolle. Ich muss nur die Zeitung aufschlagen. Und ich lese von Gefahren und sachdienlichen Hinweisen, die unbedingt zu beachten sind. So gibt es für den Mönchengladbacher Veilchendienstagzug die Einschränkung, „dass keine festen Gegenstände geworfen werden dürfen.“ Auf was darf sich das Fußvolk am Wegesrand also einstellen? Auf Bierduschen? Auf Luftballons, gefüllt mit Lachgas? Wenn „fest“ als Aggregatzustand ausscheidet, dann bleiben als stoffliche Zustandsformen nur noch „flüssig“ und „gasförmig“. Sei`s drum, es wird bestimmt lustig werden. In Moers denkt man übrigens darüber nach, mit welcher Wurftechnik man vom Wagen aus das jecke Volk beglückt. Zuwerfen im „Frisbeestil“ ist nicht gestattet. Kein Scherz. Bestimmt geht auch nicht der Hammerwurf-Stil. Die fein entwickelte leichtathletische Disziplin ist sicher mitgemeint. Aber da muss man vorsichtig sein. Die Leute reagieren schon mal empfindlich, wenn sie nur mitgemeint sind. Gerade Hammerwerfer. Sowie Hammerwerferinnen. Und vor allem Hammerwerfende.

Damit beim Veilchendienstagszug nun überhaupt nichts schief geht, soll es ein „Awereness-Konzept“ geben. In echt. Stand so in der Rheinischen Post. Und in der stand auch, was das ist, wenn auch in Klammern: „(Awereness ist englisch für Bewusstsein)“. Das Konzept soll „Besucher bei übergriffigem Verhalten schützen.“ Ich habe exakt zitiert. Kein Wort weggelassen. Und auch kein Sonderzeichen. Hoffentlich steht in dem Konzept auch, wie es sensibel thematisiert werden kann gegenüber dem, der als die Axt im Walde geht. Wie auch immer: man wird bestimmt ein bisschen genauer draufschauen und Vorfälle sorgfältig aufarbeiten. Der Polit-Sprech gibt das her. Wenn’s hilft.

Nun aber soll es richtig rundgehen. Und lustig. Schließlich ist Karneval. Wer’s bisher noch nicht gemerkt hat: ich bin selber schon in Stimmung. Und ich schließe mit Hanns Dieter Hüsch und seinem Psalm: „Was macht, dass ich so unbeschwert und mich kein Trübsinn hält? Weil mich mein Gott das Lachen lehrt wohl über alle Welt.“

Werner Beuschel

Der Text ist ein von der Rheinischen Post (Lokalredaktion Mönchengladbach) für den 17.02.2023 erbetener Denkanstoß.

Anmelden

Vielen Dank für Ihre Nachricht

Wir werden sie so schnell wie möglich beantworten.

Mit freundlichem Gruß

Ihr Verband Evangelischer Kirchengemeinden in Mönchengladbach