Ein großes Fest mit der ganzen Familie und vielen Freunden sollte es werden: Carlottas Taufe.
Am liebsten an einem Sonntag im Sommer, um nach dem Gottesdienst mit zahlreichen Gästen im Garten weiter zu feiern. Das war der Plan. Schon im Februar 2019 waren die Eltern mit mir wegen der Taufe im Gespräch. Drei Jahre zuvor hatte ich die junge Mutter bei der Beerdigung ihrer Großmutter kennengelernt. Die Taufanfrage kam früh, nämlich zu einem Zeitpunkt, als das Kind noch gar nicht geboren war. Die werdenden Eltern kamen nun öfter sonntags zum Gottesdienst in die Christuskirche. Später mit der Kleinen zum Krabbelgottesdienst. Wir beide, Carlotta und ich, kannten uns am Tag der Taufe also schon. Wir hatten beim Gottesdienst für die Jüngsten zusammen auf den Stufen der Kirche gesessen und uns angelächelt. Und das hat uns bei der Taufe sehr geholfen. Doch der Reihe nach.
Aus der geplanten großen Taufgesellschaft wurde nun eine kleine. Wegen der Corona-Schutzmaßnahmen. In vielen Mails tauschte ich mich mit den Eltern darüber aus. Sie wussten aus der Presse natürlich auch schon, dass sie die Anzahl der Taufgäste reduzieren mussten im Vergleich zu ihren ursprünglichen Plänen. Mit der Küsterin, Deborah Stephan, überlegte ich, den Gästen in Familienverbänden ausgewiesene Plätze im Kirchenschiff zuzuordnen. Denn die dürfen ja als Gruppe zusammen sitzen. Ich bat die Mutter, uns einen entsprechenden Plan zu schicken. Die Antwort kam prompt. Und es erschien mir auch sinnvoll, dass die Tauffamilie im Vorfeld alle Namen und Kontaktdaten in die vorgeschriebenen Listen eintrug, damit der Einlass für die Sonntagsgemeinde an dem Punkt für alle entspannter war. Zusätzlich bat ich auch um rechtzeitiges und zeitgleiches Erscheinen der Taufgäste. Presbyter Christoph Unzen nahm die bereits ausgefüllte Liste entgegen und legte sie zu den Listen mit den Namen der anderen Gottesdienstteilnehmer. Presbyter Axel Stock desinfizierte kontaktfrei die Hände aller Besucher. Ein freundliches und mittlerweile schon eingeübtes Empfangskomitee zu Corona -Zeiten in der Vorhalle der Christuskirche. Der Gottesdienst konnte beginnen.
Die junge Dame, die Anfang Juli ein Jahr alt wird, lächelte mich auch an diesem 7. Juni 2020 an. Meine Mund-Nasen-Maske konnte sie davon nicht abhalten. Wir sahen uns an und lächelten nur mit den Augen. Das war ein ganz besonderer und bewegender Moment am Taufbecken – auch für mich als Pfarrerin. Die Corona-Pandemie war für einen Augenblick ganz weit weg. Der Taufspruch tat sein Übriges hinzu, ein Vers aus Psalm 139: „Gott, von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir.“ Ich konnte förmlich spüren, wie dieses Rundumpaket an himmlischer Fürsorge auch die ganze Gottesdienstgemeinde erreichte.
Pate Peter und Patin Julia waren vorschriftsmäßig geschützt, als sie aus der Kinderbibel vorlasen und die Fürbitte für ihr Patenkind vor Gott brachten. Die Gemeinde, die im Gotteshaus dabei war, konnte es gut hören. Großes sollte nun passieren zwischen Himmel und Erde. Der Begrüßungs-Applaus für das neue Gemeindeglied war anhaltend und herzlich.
Singen durften wir noch nicht im Gotteshaus. Ohne Töne mussten wir aber trotzdem nicht sein. Zuerst stimmte Werner Beuschel die Gemeinde auf Gottes Gegenwart mit dem Liedtext ein: „Du, Herr, gabst uns dein festes Wort, gib uns allen deinen Geist.“ Suin Chen-Haurenherm begleitete einfühlsam das gesprochene Wort an der Orgel. Zusätzlich musizierte ein kammermusikalisches Streicher-Ensemble mit ähnlich großer Professionalität (Sabi Yordanov , Christine Schäfer , Lydia Haurenherm, und Hsinchen Yeh). Extra für die Taufe hatte das Quartett auf meinen Wunsch hin eine Bearbeitung des Chorals „Ich bin getauft auf deinen Namen, Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist“ eingeübt. So bot diese dreiviertel Stunde im Gotteshaus am Kapuzinerplatz auch Raum für die Erinnerung an die eigene Taufe.
Ein Fazit kam schriftlich am Montag. Eine Gottesdienstbesucherin, die nicht zur Tauffamilie gehörte, schrieb ihren Pfarrersleuten: „Ich fand den Gottesdienst übrigens sehr schön. Trotz Corona und auch ohne Gesang habt ihr einen Weg gefunden, zu berühren. Vielen Dank dafür.“
Annette Beuschel