“Was für eine Kacke mit diesem Virus!!!”. So schrieb es mir jetzt einer zu meiner Kolumne. Vielleicht ein unfeines Wort. Also nicht das Wort Virus. Sondern das andere. Aber der Mann hat ja recht. Da muss man keine Blumengirlanden um seine Worte winden. Da darf man ruhig sagen, dass es einem stinkt, wenn dieses Virus grassiert, und die tapferen Krankenschwestern in Bergamo sich verzweifelt fragen, welchen schwerkranken Patienten sie auf die Intensivstation aufnehmen können und wer wegen mangelnder Kapazitäten unversorgt bleiben muss. Und man darf sagen, wie übel man es findet, dass die Leute immer noch die Köpfe zusammenstecken auf Parkbänken, Spielplätzen und Corona-Parties. Und auch die Angst riecht ja nicht gut, die man um seine Lieben hat.
Ich könnte es vielleicht noch etwas anders sagen. Nämlich: „Herr je“. Das ist eine Abkürzung, und die Langversion lautet: Herr Jesus. Und dieser Herr ist der Herr der Welt. Er ist der Herr über Leben und Tod. Er hält die ganze Welt in seiner Hand. Und dich und mich. Dass er dieser Herr ist, gestehen wir sogar lateinisch sprechend zu. Etwa beim o jemine. Es ist die Kurzform von O Jesu Domine: o Herr Jesus!
Herrje. Möge uns der Herr Jesus beistehen. Die fotografische Illustration dieser Zeilen darf einem ruhig spanisch vorkommen. Sohn und Mutter Gottes sind da zu sehen in Santa Maria de Eunate. Die romanische Kirche bei Pamplona liegt einsam inmitten von Feldern am Jakobsweg. Ein mystischer Ort. Eine anrührende Skulptur. Auch wenn jetzt erst mal Lehnstuhlreisen angesagt ist, empfehle ich die Kirche zur Besichtigung.
Seltsam, dass das Kind eine Krone auf dem Kopf trägt. Aber das ist der Re-Gnose geschuldet. Diesen Begriff als Gegensatz zur Prognose habe ich jetzt bei Matthias Horx kennengelernt. Kolumnen-Leserin C.K. hat mich auf den Artikel des renommierten Zukunftsforschers hingewiesen. Horx’ Ausführungen richten den Blick von der Zukunft aus ZURÜCK ins Heute: ” Stellen wir uns eine Situation im Herbst vor, sagen wir im September 2020. Wir sitzen in einem Straßencafe in einer Großstadt. Es ist warm, und auf der Straße bewegen sich wieder Menschen. Bewegen sie sich anders? Ist alles so wie früher? Schmeckt der Wein, der Cocktail, der Kaffee, wieder wie früher? Wie damals vor Corona? Oder sogar besser? Worüber werden wir uns rückblickend wundern?”
Ein mutmachender Blick ist das, den der Wissenschaftler auf die Gegenwart wirft. Und dieser Blick sieht zum Beispiel scheinbar veraltete Kulturtechniken, die eine Renaissance erleben. “Plötzlich erwischte man nicht nur den Anrufbeantworter, wenn man anrief, sondern real vorhandene Menschen. Das Virus brachte eine neue Kultur des Langtelefonieren ohne Second Screen hervor. Auch die »messages« selbst bekamen plötzlich eine neue Bedeutung. Man kommunizierte wieder wirklich. Man ließ niemanden mehr zappeln. Man hielt niemanden mehr hin. So entstand eine neue Kultur der Erreichbarkeit. Der Verbindlichkeit.”
Re-Gnose ist auch die Darstellung dieses Kindes mit der Krone auf dem Kopf. Denn die Krone heißt: “Es wird regiert!” Gott ist in Aktion. Aber er ist das nur so, dass dazu auch die Erfahrung von Leid und Schmerz, von Wut und Unverständnis gehören. Im gekreuzigten Christus hat sich Gott das alles zu Herzen genommen. Und die Krönung des Kindes ist die Auferweckung von den Toten.
Etwas von diesem österlichen Schimmer war auch in den Zeilen von Leserin C.W. zu sehen: ” Ich verbringe jetzt viel Zeit mit der Familie. Wir gehen gemeinsam mit dem Hund spazieren und reden einfach mehr miteinander. Alles ist etwas langsamer und entspannter. Diese Entschleunigung nimmt uns zwar einige Möglichkeiten, schenkt uns aber auch welche. Man kann in der eigenen Familie näher zusammenrücken. So entdeckt man Dinge, die man sonst vielleicht nicht entdeckt hätte. Man lebt immer viel zu schnell.”
Bleiben Sie behütet. Ein gutes Wochenende und einen gesegneten Sonntag wünscht
Ihr Pfarrer Werner Beuschel
Literaturhinweis: Matthias Horx, Die Welt nach Corona, in: https://www.horx.com/48-die-welt-nach-corona/ (aufgerufen am 20.03.2020, 11.50 Uhr)