“Aufs Keuz gelegt”. Ostern und der Platz für die Ewigkeit

Ich will nicht in den Herzen der Menschen weiterleben. Sondern lieber in meiner Wohnung. So hat es jetzt Woody Allen gesagt, nachzulesen in seiner Autobiographie „Ganz nebenbei“.

Die Bemerkung ist typisch für den US-amerikanischen Komiker, der als Drehbuchautor und Regisseur mehr als fünfzig Filme in die Kinos gebracht hat. Ob die Witzaufsichtsbehörde die Bemerkung Woody Allens durchgehen lässt?

Denn an anderer Stelle ist ja immer wieder das Gegenteil nachzulesen:  du wirst in unseren Herzen weiterleben. So steht es in Todesanzeigen. Ein Versuch, der Trauer und manchmal auch dem großen Schrecken einen warmen Mantel umzulegen. Und oft ist es ja auch so, dass der Verstorbene einen festen Platz in der Erinnerung behält.

Aber was wird aus ihm, wenn die Erinnerung der Lebenden blass wird? Was wird aus dem Menschen, der zeit seines Lebens kaum ein anderes Herz erobern konnte? Das kann sehr viele Gründe haben, und nicht alle müssen selbstverantwortet sein. Nächste Frage: was geschieht, wenn die Herzen derjenigen, in denen einer weiterlebt, selber aufzuhören zu schlagen?   Und wenn ganz allgemein gelten soll, dass nur der tot ist, der vergessen wird,  drängt sich noch eine Frage auf: wie steht es dann mit der Lebenserwartung der richtig üblen Gestalten des Weltenlaufs, die sich wenn auch auf unrühmliche Weise einen Platz in den Geschichtsbüchern gesichert haben?  Und welche Lebenserwartung hätten dann deren namenlose Opfer?

Kommen wir also wieder zurück auf Woody Allen und seine Bemerkung. Vielleicht ist noch etwas anderes wichtiger als in den Herzen der Menschen weiterzuleben. Nämlich dass man seinen Platz im Herzen Gottes behält. Auch jenseits der Schwelle des Todes. Gerade da erst recht.

So kann ich nur glauben, so kann ich nur hoffen, weil Ostern in der Welt ist. 

Die Christuskirchengemeinde lädt in diesen Tagen zu einem Osterspaziergang durch die Christuskirche ein. Auch wenn ein Kirchgang am Ostertag in diesem Jahr nicht möglich ist, so kann man sich bewegte Bilder vom Gotteshaus auf dieser Website anschauen.

„Vom Eise befreit sind Strom und Bäche“. Mit diesen Worten beginnt der wohl berühmteste Osterspaziergang. Johann Wolfgang von Goethe hat mit ihm und zugleich mit dem ganzen Drama namens Faust Literaturgeschichte geschrieben. Goethes Osterspaziergang ist ein Gang durch die Natur.

Die Bilder des Films sind andere. Dieser Osterspaziergang führt durch eine Kirche. Hier wird einem noch mehr gesagt als das, was die Natur mitteilen kann. „Der Herr ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden!“  So heißt die Osterbotschaft. Das muss einem speziell gesagt werden. Im Buch der Natur steht das nicht. Im Buch der Bücher schon.

Die biblische Botschaft von der Auferweckung Jesu gilt auch jetzt. Unser Leben läuft nicht ins Leere, sondern wird aufgenommen von Gottes Gegenwart. Der Tod ist allenfalls noch zweiter Sieger.  Und darum darf man sich auch in diesem Jahr „Frohe Ostern!“ wünschen.

Nicht jeder mag und kann in diesen Wunsch einstimmen. Der Einwand von Goethes Faust ist zum geflügelten Wort geworden: „Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.“  Kolumnen-Leser T.K. gab mir folgende Rückmeldung auf meine an dieser Stelle schon einmal aufgezeigte österliche Perspektive:  „Ambivalenz oder mangelnde Begabung, so würde ich meinen Bezug zu dem beschreiben, was mit Jesus nach der Kreuzigung geschah.“ Wobei die eine Seite der Ambivalenz „eher Schulterzucken“ ist, „aber keine Gleichgültigkeit.“

Dagegen lässt sich nicht anpredigen. Aber genau darum ist mir die Kirche als Gemeinschaft der Glaubenden so wichtig. In dieser Gemeinschaft soll einer den andern tragen im Gemeinschaftsprojekt, das „Glaube, Hoffnung, Liebe“ heißt. In dieser Gemeinschaft ist es in Ordnung, wenn ich etwas nicht glauben kann, aber davon ausgehe: das macht gerade ein anderer für mich. Und wer auf diese Weise das annimmt, genießt schon diesseits der Schwelle des Todes einfach sein Leben. Oder auch nur seine Wohnung.

Gesegnete Ostertage wünscht

Ihr Pfarrer Werner Beuschel

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