Kontaktstudium von Pfarrer Dr. Karl-Heinz Bassy

Kontaktstudium Pfarrer Dr. Bassy

Die Landeskirche hat Pfarrer Bassy ein Kontaktstudium genehmigt, das er aus grundsätzlichen Gründen und wegen seiner Tätigkeit im landeskirchlichen Prüfungsausschuss (für beide theologische Examina) beantragt hat. Da seine Studentenzeit schon etwas länger her ist, hält er es für sinnvoll, ins heutige universitäre Leben hinein zu schnuppern. 

Interview zum Kontaktstudium

Lieber Karl-Heinz, Du verlässt uns um Ostern für drei Monate und gehst an die Universität Bonn, was machst Du dort?

Liebe Nancy, unsere Landeskirche ermöglicht es ihren Pfarrpersonen, alle acht Jahre ein sogenanntes „Kontaktstudium“ aufzunehmen; zuletzt habe ich es 2012 in Marburg gemacht.

Und was ist das?

Das Studium soll die Praktiker wieder mit dem gegenwärtigen Stand der theologischen Wissenschaft bekannt machen, soll sie zum Nachdenken darüber anregen, was sie täglich tun. Darum muss man Theologie studieren, bzw. in das Fach wieder hineinschnuppern.

Kann man sich die Universität aussuchen und wie wird das Studium  finanziert?

Man kann an jeder Uni studieren, an der das Fach angeboten wird. Da es als Arbeitszeit gilt, laufen die Bezüge weiter, wobei man Unterkunft, Gebühren etc. selber tragen muss.

Uni. Lernen. Musst Du auch Hausarbeiten schreiben oder Prüfungen ablegen?

(Lacht) Nein, Gott sei Dank nicht. Aber wenn in einem Seminar Referate zu halten sind, muss man natürlich auch ran. Man läuft wie ein „richtiger Student“ mit, nur dass man das große Privileg hat, den wirklich unangenehmen Dingen ausweichen zu können, sich die Veranstaltungen auszusuchen, die einen interessieren und so ganz entspannt zu lernen.

Zu lernen… – Du wirst während des Semesters 60! Warum tust Du Dir das eigentlich an?

Weil ich unglaublich gerne Neues lerne! Weil ich mein Studienfach immer wieder studieren würde. Weil ich davon überzeugt bin, dass unsere Gemeinde etwas davon hat, wenn ihr Pfarrer gescheiter wird und über manches mit Abstand nachdenkt. Ärzte und alle anderen Berufsgruppen müssen sich auch regelmäßig fortbilden. Und so ein Studium ist ein richtiger Crash-Kurs in Sachen fachlicher Bildung. Jedenfalls, wenn man „richtig studiert“.

„Richtig studiert“?

Na, wenn man etwas lernen will. Du weißt, ich werde in meinem Elternhaus wohnen, werde in meinem Garten arbeiten, ein wenig renovieren, Freunde besuchen, im Siebengebirge wandern gehen. Aber in aller erster Linie will ich an die Uni und mein Stundenplan ist so voll, dass ich kaum weiß, ob ich den Rasen gemäht bekomme.

Und was willst Du belegen?

Och: Eine Ideen- und Religionsgeschichte des Alten Testaments, ein Seminar über Johann Gottfried  Herder, über den ich  schon in meiner Dissertation gearbeitet habe, Vorlesungen über Ethik in der Medizin, über die Theologien der Evangelien, über das Johannesevangelium, Seminare über die Didache (eine frühchristliche Gemeinderegel), über den jüdischen Religionsphilosophen Philo von Alexandrien, über politische Theologien im Alten Testament – und dann gehe ich fremd zu den Historikern (das darf man auch, ein wenig fremdgehen) und höre mir dort etwas an über griechische Geschichte im 5. vorchristlichen Jahrhundert und über Siegelkunde im Mittelalter. Und wenn ich dann noch Lust habe und Hirnzellen frei, höre ich noch eine Vorlesung über Dogmatik. Es wird nicht langweilig. Und vermutlich werde ich zusammenstreichen müssen. Nicht nur wegen des Wanderns und der Gartenarbeit…

Klingt aber nicht praxisnah…

Stimmt. Unmittelbar 1 zu 1 umsetzbar ist es nicht. Aber mir begegnen im Gemeindealltag immer wieder Fragen medizinischer Ethik oder wie man den Glauben so formulieren kann, dass er für den modernen Menschen nachvollziehbar wird. Da ist es wichtig, die Wurzeln zu kennen, um sie nicht zu kappen und aus dem Gefühl oder gar hohlem Bauch heraus zu predigen. Dazu kommt, dass ich im landeskirchlichen Prüfungsausschuss bin und Vikare wie auch Studenten in ihren Examina prüfe. Da muss man es erwarten können, dass der Prüfer auf dem neuesten Stand ist. Auch ein Grund, warum ich zu lebenstechnisch später Stunde noch das Studiensemester gewagt habe. Im pfarramtlichen Alltag kann man sich kaum auf dem Stand der sich auch in der Theologie rasant veränderten Forschungslage halten. Es gibt Fragestellungen, die völlig jenseits des Horizontes meiner Studienzeit liegen. Und die Gemeinde hat ein Recht darauf, einen kundigen Pfarrer zu haben.

Bist Du nervös?

Und wie! Einmal vor Freude. Wie gesagt, ich lerne unendlich gerne. Und Theologie ist ein im wahrsten Sinne des Wortes „unendlich spannendes“ Fach. Ich freue mich auf die Begegnung mit jungen Menschen, die so anders denken als wir „alten Praxishasen“, auf die Begegnung mit Dozenten und Professoren, die auch jünger sind als ich und auch ganz anders sind als meine theologischen Lehrer. Und Vorfreude macht mich schon etwas nervös: Wie werde ich zurechtkommen? Kurz: Bin ich schon zu alt für so viel universitäre Aufbruchsstimmung?  Die größte Herausforderung aber…

Ist?

…die Rückkehr! Es gibt Kollegen, die machen nie ein Kontaktstudium, weil sie sich vor der Rückkehr in den Alltag fürchten. Ich finde es grandios beides, Wissenschaft und Lebenswirklichkeit zusammenbringen zu können und zu müssen. Nach dem Marburger Semester habe ich zwar ein paar Wochen gebraucht, um wieder in den Berufsalltag hineinzukommen, aber es ging ganz gut. Mal sehen, wie es diesmal wird. Das Pfarramt ist ein grandioser Beruf mit unendlich vielen Möglichkeiten!

Lieber Karl-Heinz, danke für das Interview, vergiss uns nicht, werde  gescheiter und komm froh und erfüllt zurück.

Klar, mache ich. Einen Tag nach dem Semester wartet ein Brautpaar und die Windberger Kirmes auf mich! Da freue ich mich doch auch drauf!  

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