Jona – Kurier: Berichte von und über unsere Kapelle

Manchmal durchzuckt es mich. Manchmal rührt einen das Leben an und es bleibt nur ein Schlucken zurück. Und Tränen in den Augen. So geschehen im Frühjahr, als es bei uns an der Haustür klingelte. Ich öffnete und davor standen eine junge und eine augenscheinlich nicht mehr ganz junge Frau, die gerne die Jona-Kapelle besichtigen wollten. Aus einem unerfindlichen Grund war diese abgeschlossen und so holte ich den Schlüssel, um die Tür zu öffnen. Währenddessen erzählten die beiden Frauen, daß sie extra vom oberen Niederrhein gekommen wären, um die „Kleinste Kapelle am     Niederrhein“ zu besichtigen! Das gibt es öfters, daß Menschen auch von weiter weg hierherkommen, aber der genannte Wohnort der Damen war doch etwas ungewöhnlich: Orsoy liegt nicht um die Ecke!

Es gesellte sich eine weitere Frau mit Kleinkind dazu, ein Mann hielt sich im Hintergrund auf. Die Frau mit Kind betrat die Kapelle, setzte sich und plötzlich geschah etwas mit ihr, für das mir immer noch die Worte fehlen. Nichts hatte sich geändert und doch war von einem Moment zum andern alles anders. Unser bis dahin etwas oberflächliches Gespräch verstummte, eine eigenartige Stimmung bemächtigte sich unser. Der Frau, die ihr merkwürdig stilles Kind auf dem Schoß hatte, traten Tränen in die Augen. Unsere Blicke kreuzten und fanden sich und dann erzählte sie: Sie habe nicht nur das Kind auf dem Schoß, sondern auch noch ein „Sternenkind“ in ihrem Herzen, ein Kind also, dass sie während der späten Schwangerschaft verloren hat. Und dieses Kind, ein Junge, sollte „Jonah“ heißen und darum sei man zu dieser Kapelle gefahren! Man habe von ihr gelesen und die Namensgleichheit sei für sie wie eine Brücke zu ihrem verlorenen Kind gewesen. Eine Kapelle, die nach ihrem verstorbenen Kind benannt sei!

Das stimmt rein sachlich natürlich nicht, aber plötzlich tat sich eine Dimension auf, in der formale Richtigkeiten nur eine untergeordnete Rolle spielen. Für diese Frau bestand eine Verbindung zwischen ihrem Jonah und dieser Kapelle – und wir alle empfanden dies ganz genauso.

Der Mutter mit ihrem Kind auf dem Schoß liefen Tränen die Wangen hinunter, ihre Schwester und Mutter, die bei mir geklingelt hatten, sahen ebenfalls sehr berührt aus. Woher ich auf die Idee für das Folgende kam, weiß ich nicht (und das ist wohl auch gut so, wie vieles nur unverstanden gut ist in solchen Momenten), jedenfalls sagte ich, daß jede „richtige“ Kirche und Kapelle einen Patron oder eine Patronin habe (ist zwar katholisch, aber was soll´s?!) und ob sie es erlauben würde, wenn der kleine Jonah, der nie wirklich das Licht der Welt erblickt hat, dies für unsere Kapelle sein dürfe?

Was sich dann ereignete, gehört zu den Geschehnissen, die mich in über 30 Jahren Pfarrdienst am tiefsten beeindruckt haben und ich beschreibe es bewußt nicht, sondern vertraue es Ihren Gedanken an, liebe Leser.

Seit jenem Sonntagnachmittag hat (für ein paar Menschen) unsere Kapelle einen „Schutzpatron“, einen kleinen Jungen, von dem nur ganz wenige Menschen etwas wissen und der Gott in ganz besonderer Weise nahe ist, weil sich keine Welt zwischen ihn und Gott geschoben hat. Ich bin gewiß: Er hat gestrahlt, als er „seine“ Kapelle sah und er sieht von irgendwoher immer noch auf sie. Denn irgendwie gehört sie ja ihm, die „Kleinste Kapelle am Niederrhein.“ 

Tief bewegt ging ich ins Haus zurück und habe in der Nacht tatsächlich von einem kleinen Jungen geträumt, der vor der Kapelle mit einem Ball spielte.

Vielleicht war es der Jonah mit seiner Jona-Kapelle….  Wer weiß…

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