Eine Bibliothek für Ngei

Am Samstag (21. Mai) gab es Popcorn und Kekse und Kuchen mit Orangensaft. Was für viele Kinder in Deutschland eine Selbstverständlichkeit ist, das war für die Kinder in Ngei eine Ausnahme.

Ngei ist ein Stadteil in Mathare, Kenias zweitgrößtem Slum. Hier sind die Lebensumstände genau so, wie man es sich eigentlich gar nicht vorstellen kann: Es liegt viel Müll auf dem Boden, Abwasser fließt frei auf den Wegen, und die wenigsten Menschen haben einen festen Job.

Die Idee, genau hier eine kleine Bibliothek hinzubauen, kam von Victor Oginga. Er und seine Freundin Sarah sind beide in Ngei aufgewachsen, wohnen mittlerweile aber in besseren Verhältnissen. Sie sind beide mehrmals wöchentlich noch in Ngei, um Freunde und Familie zu besuchen und weil Victor auch hier als Marketing-Assistant für eine lokale Grundschule arbeitet.

Ich selbst komme aus Mönchengladbach und bin 2010 in der Johanneskirche konfirmiert worden. Nach ein paar Jahren Studium in England beschloss ich in 2020, nach Kenia zu ziehen, wo ich dann meinen Freund Jerry kennenlernte, mit dem ich mittlerweile verheiratet bin. Jerry ist Victors Cousin zweiten Grades und da wir vier alle auf der gleichen Straße wohnen, sind wir mittlerweile recht gut befreundet.

Als Kind habe ich sehr viel und sehr gerne gelesen – jetzt nur noch sehr gerne, aber nicht mehr besonders viel. Daher wollte ich Victors Traum, eine Bibliothek zu bauen, unbedingt mit in die Tat umsetzen. Dank vieler sehr großzügiger Spenden aus meinem engsten Umkreis hatten wir schon nach einem Monat das nötige ‘Kleingeld‘ zusammen, um den Bau zu beginnen.

Textfeld: Unsere Bibliothek, Stand 23.05.2022A picture containing indoor, ceiling, shelf

Description automatically generatedEs ist echt sagenhaft, was man mit ein bisschen Erspartem alles in Kenia machen kann – um Ihnen mal einen Eindruck zu verschaffen, eine Banane kostet umgerechnet 3 Cent! Dementsprechend haben wir bisher auch nur etwas mehr als 2000€ ausgegeben, und das Ergebnis kann sich blicken lassen. Es ist natürlich nicht mit einer Bibliothek in Deutschland zu vergleichen – wir haben mit Wellblech und Holz gebaut, und eine Freundin von mir bemerkte etwas verwundert, „es sieht irgendwie alles so schief aus“. Aber für uns (und für die Kinder in Ngei) geht es um die Bücher und einen sicheren und ruhigen Platz zum Lernen.

In Kenias Slums können sich die wenigsten Eltern Schulbücher leisten. Dementsprechend teilt ein Lehrer oft mit der ganzen Klasse von bis zu 50 Kindern ein Schulbuch. Nach der Schule Hausaufgaben machen oder lernen zeichnet sich also als fast unmöglich aus – auch, weil Wohnungen klein und überfüllt sind und sich nicht alle Elektrizität leisten können. Da es rund ums Jahr um 7 Uhr dunkel wird, gibt es dann erst recht keine Lernmöglichkeiten mehr.

Bildung ist wichtig, das weiß ja jeder. Aber in Kenia irgendwie noch viel wichtiger als hier in Deutschland. Denn wenn jemand kein gutes KCSE-Ergebnis (äquivalent zum Abitur) hat, bekommt derjenige vom Staat keine finanzielle Unterstützung für die Universitätsgebühren. Das wiederum macht ein Studium fast unmöglich, da die Universitätskosten im Vergleich zum Einkommen extrem hoch sind. Und leider … wer keinen Uni-Abschluss hat, der lebt von der Hand in den Mund. Das ist so gut wie garantiert.

Mit unserer Bibliothek (und anderen Projekten, die noch in Planung sind!) haben wir also vor, die Gemeinschaft in Ngei so zu unterstützen, dass sich die Lebensumstände im Laufe der Zeit etwas bessern können.

Bei unserer Eröffnungsfeier am Samstag standen circa 80 Bücher in unseren Regalen – gestern, zwei Tage später, waren es schon an die 200. Zudem ist unser Team gewachsen: Catherine, eine frühere Kollegin von mir, ist mittlerweile auch involviert, sowie 4 lokal ansässige freiwillige ‚Bibliothekare‘, die während der Öffnungszeiten die Kinder beaufsichtigen.

Wir haben noch große Pläne für den Ausbau des Projektes: Bücher müssen natürlich her, das ist klar. Wir haben jedoch auch ein kleines Büro in die Bibliothek eingebaut, das in Zukunft einem professionell ausgebildeten Ansprechpartner für Opfer von häuslicher und sexueller Gewalt dienen soll. Außerdem wollen wir auch eine kleine Werkstatt aufmachen, in der Frauen technische Fähigkeiten, wie zum Beispiel das Tischlern, erlernen sollen. Für all das fehlt natürlich jetzt erstmal das Geld, daher heißt es erstmal, die Bibliothek gut zu bestücken und den Kindern beim Lernen helfen!

Falls Sie Fragen zu dem Projekt haben, oder (wer weiß?) sogar gern einen finanziellen Beitrag leisten würden, können Sie mich gerne jederzeit unter janekremer96@googlemail.com erreichen. Ansonsten hoffen wir alle, dass Sie unser Artikel angesprochen hat und Sie uns im Geiste unterstützen!

Jane Kremer (ehemalige Konfirmandin), Jerry Kujah, Victor Oginga, Sarah Ogolla und Catherine Njau

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