Immer wieder wird gefragt, wo ist Kirche noch nahe an den Menschen, wo sagt Kirche noch die Gute Nachricht vom Dasein Gottes in die Herzen der Menschen, wo ist sie noch Lebensbegleiterin im Guten wie im Schlechten?
Vergessen wird dabei zu oft die liebevolle Arbeit in den Vorbereitungen zum Gottesdienst oder für den Konfirmandenunterricht, die intensive Begleitung im Trauergespräch zur Beerdigung oder das fröhliche Lachen auf dem Weg zur kirchlichen Trauung. Weggeschoben ist die seelsorgliche Begegnung im Laden mit der Pfarrerin oder dem Pfarrer oder der Kaffee im Seniorenkreis oder nach dem Gottesdienst. Es ist keine Zeit für die Antwort auf die schnelle und manchmal provokativ gestellte Frage auf der Straße: Wo ist denn (dein) Gott in den Krisen dieser Welt? Eine Predigt auf der Straße, nein, die gehört doch in die Kirche, sonntags. Aber alles das ist Kirche.
Kirche entsteht in dem Moment, in dem Gottes Wort Raum um sich ergreift, zwei Menschen sich im Zeichen des Evangeliums begegnen. Mal wissen beide darum, mal nur einer von beiden, manchmal auch keiner, dort findet sich das Evangelium wie von selbst, und gesegnet gehen sie weiter.
Notfallseelsorge ist zurzeit ein Zeichen der Zeit. Notfallseelsorge ist zurzeit im Fernsehen, in den Zeitungen, den sozialen Medien. Notfallseelsorge ist zurzeit in und auch ein Aushängeschild. Notfallseelsorge ist zurzeit Kirche. So wird es zurzeit immer wieder gesagt in der Öffentlichkeit, in der Politik und sogar auch von Kirche selbst.
Aber Notfallseelsorge ist nur seelsorgliche Erst-Hilfe, die Zusage des Daseins Gottes für den Menschen in der akuten Not, für den, der scheinbar ins Bodenlose fällt, den Halt verliert und für den nichts mehr sicher scheint. Die Notfallseelsorgerin oder der Notfallseelsorger ist der für eine (kurze) Wegstrecke kreuztragende Simon von Cyrene in der Passionszeit Jesu und damit des notleidenden Menschen. In der scheinbaren Verlassenheit unter dem Kreuz sind Notfallseelsorger*innen einfach nur da und versuchen Gottes Liebe zu leben. Damit entsteht für den Moment ein kirchlicher Ort, mitten im Wohnzimmer, am Bahndamm, auf der Straße, am Arbeitsplatz oder auch einmal auf dem Dach. Er kann heilsam sein oder Heilung in Gang setzen.
Ein Fest: 25 Jahre Rufbereitschaft der Ökumenischen Notfallseelsorge Mönchengladbach, als Teil der Kirchen, unter dem Kreuz, im Zeichen des Evangeliums, in der Liebe Gottes zu allen Menschen – ohne Unterschied. Bald 4.000 Einsätze von Pfarrerinnen und Pfarrern, Pastoral- und Gemeindereferent*innen und vielen engagierten Ehrenamtlichen. Alle Einsätze in toller Zusammenarbeit mit Feuerwehr, Rettungsdienst, Polizei oder den Organisationen im Katastrophenschutz. Einsätze mal im Verborgenen der privaten Wohnungen (z.B. plötzlicher Herztod), mal auf der Straße (z.B. bei Verkehrsunfällen) oder auch verfolgt von der Kamera der Öffentlichkeit wie z.B. im Ahrtal.
Am Ende ist Notfallseelsorge nicht spektakulär, sondern die intensive seelsorgliche Begegnung von Mensch zu Mensch im einzelnen Gegenüber oder in der Gruppe. Ja, sie kann für die Notfallseelsorgerin oder den Notfallseelsorger (sehr) herausfordernd sein, aber das ist die Verkündigung des Evangeliums immer, egal von welchem Punkt aus.
Als Koordinatoren der Ök. Notfallseelsorge Mönchengladbach danken wir allen Mitarbeitenden des Notfallseelsorge-Teams für 25 Jahre Dienstbereitschaft, den Einsatzkräften der Stadt für die beste Zusammenarbeit, der Kirchengemeinde Großheide als Heimat für die Notfallseelsorge und den Menschen, die uns als Beistand in ihrem Leid zugelassen haben für ihr Vertrauen in unser Tun.
Ulrich Meihsner und Bernhard Krinke-Heidenfels.