Quirin Croon – Industriebaron und Sozialpolitiker („Menschen und Steine“)

Bildnis Quirin Croon. Quelle: Archiv Ev. Gemeindeverband Mönchengladbach

Eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der Gladbacher Stadtgeschichte war in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts der Textilunternehmer Quirin Croon,  der sich nicht nur einen Namen als Pionier der Frühindustrialisierung machte, sondern auch öffentlich als engagierter Sozialpolitiker auftrat, der sich für die Notwendigkeit sozialer Reformen einsetzte.

Johann Adam Quirin Croon wurde am 2. August 1788 als ältestes von zehn Kindern in Hückelhoven geboren. Bei den mit ihm verwandten Unternehmern Preyer in Viersen und Boelling in Gladbach erwarb er die kaufmännischen und technischen Grundlagen für seine unternehmerische Tätigkeit. Bereits 1816 gründete der 28jährige mit seinem vier Jahre jüngeren Bruder Theodor eine Baumwoll- und Seidenwarenfabrik in Gladbach, die im Industriebezirk schon bald zu einem der führenden Unternehmen wurde. In den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts schlossen sich die beiden größten Gladbacher Textilbetriebe unter dem Namen „Boelling & Croon“ zusammen. 1833 hatte Croon als erster Unternehmer in der Stadt eine Dampfmaschine angeschafft. Nach dem Rückzug Boellings aus der Firma führten die Croons das Geschäft unter dem Namen „Gebrüder Croon“ weiter. Das Unternehmen befand sich im Stadtzentrum auf der damaligen Crefelderstrasse (der heutigen Hindenburgstraße auf der Höhe des Einkaufszentrums „Minto“). Die heutige Croonsallee erinnert an die früheren Wohnhäuser der Familie Croon. Quirin Croon war Vizepräsident des 1835 errichteten Gewerbegerichts.

Seit 1837 war er zunächst Vizepräsident der neuen Handelskammer Gladbach, dann von 1851 bis 1854 selbst Präsident.  Bis zu seinem Tode amtierte er als erster Vorsitzender des 1845 errichteten Gladbacher Handelsgerichts. 1853 gründete Croon zusammen mit zehn anderen Textilunternehmern die „Gladbacher Spinnerei und Weberei AG“, die im gewaltigen Gebäudekomplex des „Industrieschlosses“ am heutigen Platz der Republik ab 1855 erstmals in mechanisch-industrieller Produktionsweise ihren Betrieb aufnahm. Croon erlebte die Eröffnung des von ihm initiierten Großunternehmens nicht mehr.

Am 15. August 1837 heiratete der 49jährige Quirin Croon die 18 Jahre jüngere Bertha Scheibler (1806 – 1883). Damals änderte er öffentlich sein Geburtsjahr und gab sein Alter um sechs Jahre jünger an (bis zur Inschrift auf dem Grabstein). Das einzige Kind, die Tochter Thekla Johanna (geboren 25.12. 1837) starb im August 1839 bei einem Unfall im Alter von nicht einmal zwei Jahren.

Der „Baumwollkönig“ Quirin Croon pflegte gute Kontakte zur Regierung in Berlin. Als Sprecher seines Industriebezirks bemühte er sich seit 1838 um die Einbeziehung Gladbachs in das neu entstehende Eisenbahnnetz, um die Versorgung mit der damals für die Fabriken wichtigen Kohle zu sichern.  Zwischen 1851 und 1853 waren seine langjährigen Bemühungen endlich von Erfolg gekrönt. Die 1839 auf sein Betreiben hin entstandene Kreisappreturanstalt verbesserte die Qualität der heimischen Textilprodukte erheblich und garantierte deren Konkurrenzfähigkeit auf dem heiß umkämpften Textilmarkt.

Zum Schutz der heimischen Arbeitsplätze setzte sich Croon im Frühjahr 1845 im Berliner Handelsamt für höhere Schutzzölle zur Abwehr ausländischer Konkurrenz ein. Er vertrat als Wortführer seinen Bezirk im sogenannten Industrieparlament, einer Tagung der bedeutendsten Vertreter der Textilindustrie Preußens.

1834 beteiligte er sich an der Gründung eines Vereins evangelischer Unternehmer und Pfarrer der Umgebung, der die soziale Lage der Fabrikarbeiter verbessern wollte. Croon war Mitgründer eines „Gewerbsverein“ für den Kreis Gladbach, der wohl 1835 in einem „Gewerbeverein für den Regierungsbezirk Düsseldorf“ aufging. 1836 bildete sich unter Beteiligung Croons ein Lokalverein in Gladbach. 1841 gründete Croon in Gladbach einen „Verein zur Förderung der Arbeitsamkeit“, der sich für größere Rechte der Arbeiter einsetzte.  1844 wurde in Berlin der „Centralverein für das Wohl der arbeitenden Klassen“ in Preußen gegründet. Croon vertrat im Verein die Rheinprovinz als Wortführer der sozialreformerisch gesinnten rheinischen Unternehmer.

 Ab 1841 trat Croon im Stadtrat für die Errichtung einer Höheren Bürgerschule ein, in der die Schüler auf ihre Führungsrolle in Handel und Industrie vorbereitet werden sollten. Vor allem sollten die Sprachen Englisch und Französisch erlernt werden. Eine Zusammenlegung mit dem vorhandenen katholisch geprägten Progymnasium scheiterte an konfessionellen Differenzen. Die evangelisch geprägte Höhere Bürgerschule, der ab 1842 eine Höhere Töchterschule vorübergehend angegliedert wurde, musste ab 1844 von der evangelischen Gemeinde als Privatschule finanziert werden. Das Kuratorium der Schule bestand aus Pfarrer Otto Zillessen und evangelischen Unternehmern mit Quirin Croon an der Spitze. Zur Eröffnung der Schule stiftete Croon für bedürftige Kinder einen Betrag zur Deckung des Schulgeldes.

Politisch vertrat Croon einen sozialkonservativen Liberalismus. Im Revolutionsjahr 1848 hatte er sich für die Unterstützung der königlichen Regierung Friedrich Wilhelms IV. eingesetzt und revolutionäre Unruhen kategorisch abgelehnt. Er kandidierte 1850 und 1852 erfolglos für die Zweite Kammer des Preußischen Abgeordnetenhauses.

 Als führendes Mitglied des Presbyteriums der evangelischen Gemeinde Gladbach übte er von 1842 bis 1843 das Amt des Kirchmeisters aus, in dem ihm sein Bruder Theodor von 1843 bis 1853 folgte. Bei einer persönlichen Audienz in Berlin konnten Pfarrer Otto Zillessen und Quirin Croon den preußischen König Friedrich Wilhelm IV. für die Kirchbaupläne interessieren, der 1845 an der Grundsteinlegung der heutigen Christuskirche teilnahm und die Baupläne eigenhändig durch einen freistehenden Glockenturm (Campanile) ergänzte.

Als Quirin Croon am 23. Juli 1854 verstarb, hinterließ er in seinem Testament große Summen für die Errichtung des Evangelischen Krankenhaus Bethesda. Er stiftete eine Sonntagsschule für die Fabrikarbeiterinnen, um den Frauen Kenntnisse in der Haushaltsführung zu vermitteln. Die Höhere Bürgerschule wurde mit einem großen Betrag bedacht. Croon stiftete Geld für eine Kinderbewahrschule und je eine evangelische und eine katholische Sonntagsschule. Quirin Croon wurde noch auf dem alten evangelischen Friedhof am Fliescherberg bestattet und wenige Monate später nach der Eröffnung des neuen Friedhofs an der Viersener Straße umgebettet.

Lothar Beckers

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