„Öffne deinen Mund für den Stummen, für das Recht aller Schwachen“ gibt eine Königin vor über 2000 Jahren ihrem Sohn als Ermahnung mit auf den Lebensweg. Neben dem guten Rat, weder schönen Frauen noch dem Alkohol zu verfallen, fordert sie ihn auf, zu Reichen und Armen gleichermaßen gerecht zu sein. Aber ist das nicht selbstverständlich, so wie „Du sollst dem Tauben nicht fluchen und vor den Blinden kein Hindernis legen?“. Tun wir nicht schon genug dafür, dass es gerecht zugeht?
Um Recht zu sprechen, muss ein Richter alle Parteien anhören, nicht nur die, die am lautesten schreit oder am meisten Geld hat, daran erinnert unser Monatsspruch. Das gilt vor Gericht und in jedem Gemeinwesen. Als Christen haben wir es uns auf die Fahnen geschrieben, uns um die schwächsten zu kümmern, die, die sonst nicht zu ihrem Recht kommen. Wir können auf eine lange Tradition christlicher Einrichtungen zurückblicken, die sich um kranke und behinderte Menschen kümmern.
Hephata, öffne dich, sagt Jesus im Markusevangelium zum Taubstummen, ein Wort, das bei uns in Mönchengladbach einen besonderen Klang hat. Vor über 160 Jahren wurde die Stiftung Hephata gegründet. Da öffnen wir uns doch gerne! Auf jeden Fall unsere Brieftaschen. Spenden sind wichtig und die Kollekte im Gottesdienst zeigt die Verbundenheit der Gemeinden mit der Stiftung Hephata. Gern hat man viele Jahre lang abgegeben. Sein Geld und gleich auch die Verantwortung. Vom Geld, das unsere Gemeinden gegeben haben, sind auch die Anstaltsmauern gebaut worden, die Menschen diesseits und jenseits getrennt haben. Nicht in die Mitte der Gemeinschaft hat man Behinderte geholt, sondern an den Rand geschoben.
Längst hat Hephata seine Anstaltsmauern abgerissen, längst wollen auch Hilfsorganisationen wie Brot für die Welt nicht mehr Menschen in der 3. Welt nur ein Stück von unserem Überfluss abgeben, sondern Partnerschaften auf Augenhöhe eingehen.
Jesus hat dem Taubstummen seine Stimme wiedergegeben und hat selber (sicher zur Sorge seiner Familie) nicht den Mund gehalten. Mit Menschen am Rand der Gesellschaft hat er geredet, er hat mit ihnen gegessen und unter ihrem Dach geschlafen. Er hat die Nähe nicht gescheut und hat zugehört.
Nicht für den Schwachen zu reden, sondern mit ihm, würde die Königin vielleicht heute ihrem Sohn empfehlen. Gib dem Stummen seine Stimme und wenn du das gemacht hast, dann sei der erste, der ihm zuhört.
Sie könnte auch sagen: Hephata-Öffne dich!
Prädikant Dr. Eberhard Berg