Schon im Alten Orient wurde die den Tod überwindende Liebe vornehmlich in den entsprechenden Liedern besungen. Und wenn sie ihn nicht zu überwinden vermag, so hält sie ihm doch stand und man bleibt sich im Herzen treu auch über den Stillstand des einen hinaus.
Doch das Leben ist bunt und vielfältig. Manchmal tun sich Verwitwete zusammen oder ein verwitweter Mensch findet einen anderen und es fügen sich die Herzen zusammen – und die beiden werden ein Fleisch, wie es so schön heißt! Immer wieder habe ich erlebt, daß – bei aller Liebe – allen klar ist, daß ohne den Tod des einen die zwei nicht zusammengefunden hätten. Einer nannte sich sogar (und meinte das gar nicht abwertend, weil es numerisch ja richtig sei) „die zweite Wahl…“ – Und ich kenne noch jene Kriegerwitwen, die nie wieder geheiratet haben, weil ihre große Liebe in Rußland geblieben war oder irgendwo.
Ist Liebe stark wie der Tod? Oder ist es „nur“ Romantik? Eines steht für mich fest: Liebe zwingt zur Hoffnung, trägt diese gleichsam in sich. Ich kann einem Menschen, den ich liebe und der sich auf seine letzte Reise begibt, nicht den Tod, das Grab, das Vergehen wünschen! Ich kann doch selbst einem Schwerstkranken nicht die Verwesung wünschen! Ich wünsche doch Erlösung, Befreiung, den Himmel gar! Und wenn ich die Liebe als Himmelsgeschenk verstehe, weil sie weder plan- noch steuer- oder gar dosierbar ist, dann kann ich mit gutem Gewissen den, der diese Zeit verläßt, dem Himmel anvertrauen. Womit sich der Kreis von Glauben, meint: Vertrauen, Hoffen und Lieben schließt.
Ja, Liebe ist stark wie der Tod, weil sie aus dem Himmel kommt. Und sie braucht unsere Körper, um auf Erden zu leben. Damit reift und altert sie auch. Damit verändert sie sich und manchmal hört sie auch auf. Wenn das gut geht, ist und bleibt sie, was sie ist: ein Himmelsgeschenk, das uns Vertrauen und Hoffen lehrt.
Einen liebe-vollen Sommer wünscht Ihnen
Ihr Pfarrer Karl-Heinz Bassy