Der Zusammenhang des Monatsspruch für März 2020 lautet bei Markus: „Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Von dem Tage aber und der Stunde weiß niemand, auch die Engel im Himmel nicht, auch der Sohn nicht, sondern allein der Vater. Seht euch vor, wachet! Denn ihr wisst nicht, wann die Zeit da ist. (…) Was ich aber euch sage, das sage ich allen: Wachet!“
„Seht euch vor, wachet!“, was meint Jesus damit, gerade jetzt in der Passions- oder Fastenzeit? Und außerdem spricht er noch von dem oft nur schwer Auszuhaltenden, das unser Leben überschattet: die Zerbrechlichkeit und Vergänglichkeit alles Lebendigen und auch dieser Welt. Auf der anderen Seite hören wir hier aber auch die gute und tröstliche Nachricht vom Bleiben der Worte Jesu. Das lässt mich aufhorchen, das stärkt mich, dass da am Ende doch etwas bleiben soll – bis in alle Ewigkeit!
Auch in diesen Frühlingswochen, wo die Natur erwacht, spüren wir: Jedes Haar, das uns ausfällt, jeder Zahn, der uns gezogen wird, jeder Krankheit, die wir mehr oder weniger gut überstehen, ist ein Signal, dass unser Leben ein Ziel hat und wir irgendwann davon müssen. Viele machen sich derzeit Sorgen um das rätselhafte Corona-Virus. Sie horten Lebensmittel, weil man nicht weiß, was noch auf uns zukommt. Andere sagen mir: „Herr Pastor, ich mag gar nichts mehr hören und sehen, es gibt nur noch schlechte Nachrichten!“ Jesus mahnt: „Verschließt nicht die Augen – wachet!“
Ob wir das schaffen? Was soll uns denn in die Lage versetzen – trotz aller Dauerbeunruhigung – hellwach zu sein? Jesus verweist uns hier auf seine eigenen Worte, die bleiben werden. Was meint er damit? Ich denke, es sind solche Worte, die in seinem Geist gesprochen sind, und die sich darum von selbst als vertrauenswürdig und zuverlässig erweisen, und dann mit uns gehen und bei uns bleiben. Wenn nichts anderes mehr trägt, dann tragen sie immer noch und erfüllen uns mit Glaube, Hoffnung und Liebe.
Vielleicht bekamen Sie einen „Denkspruch“, damals bei der Konfirmation? Oft sind solche Bibelworte vergessen, oder sie sagten uns zunächst gar nicht viel, um dann doch irgendwann im Leben eine ungeahnte Wirkung zu entfalten… Vielleicht haben Sie Ihren „Trauspruch“ erst spät entdeckt oder es begegnete ihnen ein Wort beim Bibellesen oder Hören einer Predigt? Mitunter springen uns biblische Aussagen regelrecht an. Sie nisten sich ein in Köpfen und Herzen. Sie bleiben als Kraftspender und Richtungsweiser in uns wirksam.
Ich denke, darum ist es möglich „wachsam“ zu sein – auch wenn’s im Leben und in der Welt drunter und drüber geht. Jesus hat es uns selber vorgemacht, damals im Garten Gethsemane, als er voller Angst seiner Verhaftung entgegensah, da mahnte er seine Jünger: „Wachet und betet, dass ihr nicht in Versuchung fallt!“ (Mk. 14.38). Danach zog er sich zurück in die Stille und ließ sich im Gebet von Gott neue Kraft schenken, den Weg zu gehen, den er gehen muss, um am Kreuz allen Menschen einen Zugang zu Gott zu eröffnen.
Ich bin sicher, Jesus hatte selber Gottes Worte im Ohr. Vielleicht sogar das, dass ihm bei der Taufe im Jordan zugesichert hatte: „Du bist mein lieber Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen“ (Mk. 1,11). Lasst uns darum auch Vertrauen wagen. Jesu Worte sind noch da, wenn wir nicht mehr da sind. Mit ihnen wird er uns mitten im Leben ergreifen und aufrichten, dann wenn wir ängstlich, ratlos oder voller Trauer sind. Wichtig ist nur wach zu sein und damit zu rechnen, dass der Auferstandene in unseren Leben das Wort ergreift.
Pfarrer Olaf Nöller