Sklaverei. Menschenhandel. Hat das noch irgendetwas mit uns heute zu tun? Gehört das nicht längst vergangenen Zeiten an? Schön wäre es. Sicher, historische Daten und Gesetzestexte bezeugen die Abschaffung der Sklaverei, zu verschiedenen Zeiten in verschiedenen Ländern. Jedoch Unfreiheit, Zwang und entwürdigende Arbeitsbedingungen bestehen vielfach weiter, für mehr Menschen als man es für möglich halten würde. Gelegentlich kommt etwas davon ans Tageslicht, zum Beispiel wenn in einem Transporter wieder eine Gruppe von Menschen elend zu Tode gekommen ist, erstickt oder erfroren, behandelt wie eine Ladung beliebiger Ware – für die Auftraggeber vermutlich ein herber finanzieller Verlust. Schlimmer kann nur noch das Bekanntwerden des Geschehens samt den rechtlichen Folgen sein.
Mit dem Thema „Sklaverei“ geht der Apostel Paulus in seinem ersten Brief an die Gemeinde in Korinth (Kapitel 7) in einem sachlichen Ton um. Als gesellschaftliche Realität ist Sklaventum für ihn eine von mehreren Situationen, in denen ein Mensch sich befinden kann: Mann oder Frau, verheiratet oder unverheiratet, beschnitten oder unbeschnitten, Sklave oder freier Mensch. Jeder dieser Gruppen gibt Paulus Ratschläge, wie das Christsein gelebt werden könne. Ob Paulus ein Gegner der Sklaverei war? Das kann ich aus Vers 23 und den angrenzenden Versen nicht erkennen. Von größerer Bedeutung ist zweifellos, dass Paulus zwischen Sklaven und freien Menschen keinen wertenden Unterschied macht, aber doch klar die benachteiligte Situation der Sklaven sieht, und dass diese Menschen ihm wichtig sind.
So wichtig sind sie ihm, dass er aus ihrer Situation ein Bild macht, mit dem er alle meint, die an Christus glauben: „Ihr seid teuer erkauft!“ Jesus Christus hat sein Leben eingesetzt, um die Menschen zu Gott zu führen; er hat ihnen die Liebe und Vergebung Gottes vorgelebt; er hat den Menschen ein neues Leben geschenkt. Frei von Schuld, gelöst aus den Verstrickungen ihres bisherigen Lebens dürfen sie neu beginnen, befreit von der Sklaverei der Sünde.
Was heißt das? „Werdet nicht der Menschen Knechte!“ Es darf in unserem Leben nicht um menschliche Maßstäbe gehen, die zum Unmenschlichen hinführen: Streben nach Gewinn, nach Macht, Durchsetzen eigener Wünsche ohne Rücksicht auf die Verluste anderer. Jesus Christus richtet unseren Blick auf die Maßstäbe, die Gott gesetzt hat. Wenn wir nun also nicht der Menschen Knechte sind, machen wir auch andere Menschen nicht zu Knechten: nicht auf Kakaoplantagen, nicht in Weltmarktfabriken, nirgendwo.
Prädikantin Bilke Epperlein