Wenn man etwas ganz fest will, dann bekommt man es auch. Oder wenn man ganz fest an sich glaubt, dann gelingt einem alles. Wir kennen solche Sprüche. Wir kennen Beispiele, bei denen schier Unmögliches von Menschen erreicht wurde, die allen Widrigkeiten getrotzt haben, die nicht aufgegeben haben, auch als alle um sie herum versucht haben, sie von ihrem Vorhaben abzubringen.
Wenn man fest an etwas glaubt, dann gelingt es auch. Wir betrachten uns selbst und stellen fest, so einfach ist das nicht. Was haben wir uns schon alles fest gewünscht und nicht bekommen. Trotz aller Energie und allen Herzblutes, die wir investiert haben. Haben wir etwa nur nicht fest genug geglaubt? Es gibt Menschen, die kann man nur beneiden um ihren Glauben an sich. Kein Zweifel kratzt an ihrem Selbstbewusstsein. Warum gelingt mir das nicht?
Wenn es nicht um Glauben an sich selbst, sondern an Gott geht, da bekommt Glaube für viele plötzlich einen anderen Beigeschmack. Glaube scheint das Gegenteil von Wissen zu sein. Glaube bedeutet Ungewissheit und Unsicherheit. Worte mit Un- am Anfang haben immer ein negatives Vorzeichen.
Wir Menschen sind doch wohl eher die Zweifler, an uns und unserem Glauben. Aber auch das ist zutiefst menschlich. Wir sind damit in guter Gesellschaft. Die Bibel ist voller Geschichten von zweifelnden Menschen. Abraham findet sich zu alt, der Prophet Jeremia findet sich zu jung und Moses findet, dass er nicht gut reden kann. Thomas kann nicht glauben, was er nicht gesehen hat. Der ungläubige Thomas ist sprichwörtlich geworden. Er zweifelt daran, dass seine Mitbrüder den auferstandenen Christus gesehen haben. Harte Fakten verlangt er und ist uns damit so nah. Zweifeln und Graben nach der Wahrheit gehört zu unserem Leben dazu und zu unserem Glauben.
Der Spruch, der als Jahreslosung für das Jahr 2020 ausgewählt wurde, wird von einem verzweifelten Vater zu Jesus gesagt. In seiner Not hat er Jesus um Heilung für seinen Sohn gebeten und Jesus antwortet: Alles ist möglich dem, der da glaubt. Da schreit der Vater: Ich glaube, hilf meinem Unglauben.
Eigentlich sagt der Vater doch: Ich glaube so gut ich kann! Wenn das nicht reicht, dann hilf mir! Das können wir auch sagen, und tatsächlich ist Gott auch in unserem Zweifel bei uns.
Wir sollten uns nicht einbilden, dass wir uns nur genug anstrengen müssten, um ausreichend, mit festem Herzen zu glauben. Glaube ist keine Fleißarbeit und verlangt keine Höchstleistung. Glauben bedeutet immer wieder zweifeln zu dürfen. Glauben bedeutet immer wieder Hilfe zu brauchen, um sie zu bitten und sie anzunehmen.
Gott ist Mensch geworden. Deshalb kennt er unseren oft mühsamen Glauben und unsere Zweifel. Seine Liebe macht er davon nicht abhängig. Das verspricht Jesus dem verzweifelten Vater und uns. Die Zuversicht auf seine Hilfe begleite uns durch das neue Jahr.
Prädikant Dr. Eberhard Berg