„Hauptsache gesund!“ Besonders an Geburtstagen hört man solche Worte. Ist man nicht nur gesund, sondern auch noch einigermaßen abgesichert, dann hat man sozusagen den „6er“ im Lotto gewonnen. Wer dazu auch noch gut aussieht, steht definitiv auf der Sonnenseite des Lebens. Auf den ersten Blick haben solche Menschen „alles“, was man im Leben erreichen kann. Wie oberflächlich diese Betrachtungsweise ist, merken wir, wenn wir uns die Tatsache der eigenen Vergänglichkeit in Erinnerung rufen. Angesichts des Todes bleibt von all dem nichts übrig: Die Gesundheit vergeht, unser Besitz fällt in andere Hände und mit der eigenen Attraktivität ist es dann auch vorbei.
Darum kann das doch nicht die „Hauptsache“ sein, die das Leben zu bieten hat! Gibt es vielleicht noch mehr? Ja, es gibt tatsächlich viel mehr! Das Unglaubliche ist, dass wir weder gesund, noch wohlhabend, noch schön sein müssen, um an das zu kommen, was im Leben zählt und sogar über‘s Sterben hinaus richtig zur Entfaltung kommt! Dieses größte aller Geschenke, das Gott uns machen möchte, ist das ewige Leben. Will sagen, dass wir in einer neuen, besseren Welt leben werden. In einer Welt, in der es weder Kriege, Krankheiten noch Leid und Geschrei mehr gibt. Eine Welt, in der für den Tod kein Platz mehr ist, weil die Gemeinschaft mit dem Gott des Lebens so eng ist…
Während ich schreibe, merke ich, wie Zweifel in mir aufsteigt. Klingt das nicht zu vollmundig? Und, so fragt der alte Skeptiker in mir: „Was ist, wenn das alles wieder mal als billige Vertröstung auf ein fernes Jenseits verstanden wird?“ So geschah es ja oft in den Religionen, dass man Menschen Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod machte, weil es im Hier und Jetzt so unerträglich war… Aber selbst wenn, mir ist trotzdem der kühne Satz wichtig geworden, den ich einmal anlässlich einer Beerdigung eines Freundes in einem Brief las: „Hermann wusste, dass das Beste erst noch kommt!“
Das geht mir nicht aus dem Kopf, dass wir trotz aller irdischen Lebensfreunde, dieses „Allerbeste“, was eine schöne Umschreibung für das Wort „Seligkeit“ ist, erst noch empfangen und zwar umsonst! Wir haben keinerlei Anspruch darauf, und wir haben uns das „Beste“ auch nicht verdient! Wir haben rein gar nichts dafür getan, dass Gott uns am Ende unseres irdischen Daseins aus den Fängen des Todes retten und mit neuem, unvergänglichen Leben begaben möchte. Alleiniger Grund ist, dass der Gekreuzigte und Auferweckte uns zuruft: „Ich lebe, und ihr sollt auch leben!“ (Joh. 14,19)
Geschenke sollte man annehmen, um in ihren Genuss zu kommen. Wenn wir sagen: „Ewiges Leben, das möchte ich doch nicht geschenkt haben“, zeigen wir Gottes Liebe die kalte Schulter. Haben wir uns damit ins Abseits katapultiert? So wurde und wird es manchmal behauptet. Aber, ich denke, wir sollten die unbezwingbare Liebesmacht der Gnade nicht unterschätzen! Karl Barth, der große reformierte Theologe, hat einmal gesagt: „Man darf die Reaktion des Menschen auf die Gnade Gottes nicht ernster nehmen als die Gnade selbst. Sie können mit ihrem Unglauben nicht daran rütteln, dass die Gnade Gottes auch ihnen gilt“.
Bilden wir uns bitte nicht ein, dass der große Gott kein Interesse an uns hätte! Vertrauen wir in dieser Frage, wenn’s um‘s Allerbeste im Leben geht, IHM mehr als unserem gepflegten Zweifel, der ständig behauptet, es gäbe keinen Gott und damit auch kein ewiges Leben. „Stell Dir vor, es gibt Gott, und er will mit Dir leben heute und in Ewigkeit!“ Das wäre doch ‘ne prima Alternative! Wer sich traut solches zu glauben, kommt – wie der Epheserbrief – aus dem Staunen nicht mehr heraus: „Denn aus Gnade sind wir selig geworden durch Glauben, und das nicht aus uns: Gottes Gabe ist es.“
Pfarrer Olaf Nöller