Der Fabrikant Carl Otto Langen Junior (1850-1923)

 Die Grabanlage der Familie Carl Otto Langen jun. befindet sich unserem Evangelischen Friedhof nur wenige Schritte hinter der großen Christus-Statue auf der linken Seite. C.O. Langen jun., wie er sich selbst nannte, wurde am 3. Juni 1850 in Köln als ältester Sohn des Unternehmers Carl Otto Langen sen. (1820-1900) aus der Zuckerindustriellenfamilie geboren. 1863 zog Carl Otto Langen sen. mit seiner Familie nach M.Gladbach um und gründete die Baumwollspinnerei Gebrüder Langen & Co. in der Stadt. Sein ältester Sohn sammelte erste berufliche Erfahrungen in der Kölner Gasmotorenfabrik seines Onkels Eugen Langen, der ihn mit dem Aufbau einer Firmenfiliale in Österreich beauftragte. Nach einigen Jahren beruflicher Tätigkeit in Wien nahm sein Vater ihn 1878 als Teilhaber in die Firmenleitung seiner Fabrik auf, die seitdem den Firmennamen C.O. Langen & Co. führte. 1885 wechselte C.O. Langen jun. als persönlich haftender Gesellschafter in die Leitung der Textilfabrik Martin May & Co. auf der Sophienstraße, deren Gründer verstorben war. Seine jüngeren Brüder übernahmen seine Leitungsaufgaben in der Firma seines Vaters.

Am 12. Juni 1878 heiratete C.O. Langen jun. die Fabrikantentochter Emily Bornefeld. Aus ihrer Ehe gingen acht Kinder hervor. Schwere Schicksalsschläge überschatteten das Familienleben. Das älteste Kind, die Tochter Louise, geb. 13. März 1879, verstarb wenige Tage vor ihrem 18. Geburtstag am 8. März 1897. Ein Jahr später verstarb Langens Ehefrau am 14. März 1898 im Alter von 43 Jahren. Am 4. Mai 1899 schloss der Witwer eine neue Ehe mit Maria Schürmann. Seine zweite Ehefrau verstarb mit 58 Jahren am 17. April 1912. Zwei Jahre später fiel Langens jüngster Sohn Eugen am 18. Oktober 1914 im Alter von 23 Jahren in Frankreich. Die Enkeltochter Hilde verstarb am 6. September 1919 im Alter von sechs Jahren.

Bereits 1887 hatte C.O. Langen jun. den „Verband Rheinisch-Westfälischer Baumwollspinner“ gegründet, in dem er den Vorsitz 25 Jahre lang ausübte. 1904 wurde auf seine Initiative hin der “Verein der Textilindustriellen von M.Gladbach und Umgegend“ gegründet, dessen Statuten er entwarf. Im gleichen Jahr wurde er in den Vorstand des Arbeitgeberverbandes der Textilindustrie gewählt. Seit 1898 war er Mitglied der Handelskammer M.Gladbach, deren Präsident er von 1906 bis 1920 war. Er gehörte als Ausschussmitglied dem Deutschen Handelstag an und war Vorstandsmitglied im „Verein zur Wahrung der gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen von Rheinland und Westfalen“. Von 1900 bis 1912 gehörte er zum Vorstand der „Rheinisch-Westfälischen Textil-Berufsgenossenschaft“, in der er von 1905 bis 1912 den Vorsitz hatte. Das Problem der hohen Rohstoffkosten für Baumwolle bewegte den Netzwerker Langen zur Unterstützung der deutschen Kolonialpolitik im 1896 gegründeten Kolonial-Wirtschaftlichen Komitee der Deutschen Kolonialgesellschaft. Auf Vorschlag des „Centralverbandes Deutscher Industrieller (CDI)“ wurde er Mitglied in der 1911 gegründeten Ständigen Wirtschaftlichen Kommission der Reichskolonialverwaltung und der ihr angeschlossenen Baumwollbau-Kommission.

Von 1888 an führte er 25 Jahre lang die Fraktion der Liberalen im Gladbacher Stadtrat. 1899 entsandte der Rat der Stadt ihn zusammen mit dem liberalen Ratsmitglied Lamberts und dem Zentrumsführer Franz Brandts nach Berlin, wo sie in den zuständigen Ministerien die Zustimmung zur Errichtung der Höheren Textilfachschule in M.Gladbach, der Vorgängereinrichtung der heutigen Fachhochschule, erlangten. 1908 wurde Langen als letztem Gladbacher der Ehrentitel Kommerzienrat verliehen. Von 1910 bis 1918 war er Abgeordneter des Rheinischen Provinziallandtages, in dem er sich vor allem der Lösung sozialer Probleme widmete. Nach dem Ersten Weltkrieg gehörte Langen zu den Gründern der Deutschen Volkspartei (DVP) in der Stadt M.Gladbach.

1888 hatte der Düsseldorfer Regierungspräsident von Berlepsch die Handelskammern seines Bezirks aufgefordert, bürgerliche Vereine zur Förderung von Sozialreformen zu gründen, um dem wachsenden Einfluss der Sozialdemokratie unter den Arbeitern offensiv entgegenzuwirken. Berlepsch forderte von den Unternehmern Gerechtigkeit und humane Arbeits- und Wohnverhältnisse für die Arbeiter statt gelegentlicher Wohltaten. Der neu gegründete überkonfessionelle Zentralverband „Linksrheinischer Verein für Gemeinwohl“ hatte sieben Ortsgruppen. Die am 18. Februar 1889 gegründete Gladbacher Ortsgruppe wählte C.O. Langen jun. zu ihrem Vorsitzenden. Langen hatte in dem von ihm geführten Unternehmen vorbildliche soziale Einrichtungen geschaffen. Der evangelische Fabrikant Hermann Busch unterstützte Langen tatkräftig beim Bau von Arbeiterwohnungen. 1896 gründete die Ortsgruppe M.Gladbach, der auch Pfarrer Ludwig Weber angehörte, einen Wohnungsverein, der die Beschaffenheit der Arbeiterwohnungen kontrollierte, sowie Darlehen und Zuschüsse zu Mietausgaben oder zur Beschaffung von Mobiliar, vor allem Betten, gab. Die Einrichtung von Werksküchen mit preiswerten Mahlzeiten wurde den Mitgliedern des Vereins nahegelegt und fand große Resonanz bei den Betriebsangehörigen. Für die jungen Arbeiterinnen wurde die Einrichtung von Weiterbildungsschulen für Haushaltsführung, Näharbeiten und Kochen empfohlen. Zur Bekämpfung der hohen Säuglingssterblichkeit in der Stadt gründete Langen einen Verein zum Bau eines im Oktober 1891 eröffneten überkonfessionellen Wöchnerinnenheimes. Im ersten Jahr nutzten bereits 145 Frauen das neu geschaffene Angebot, das vom Evangelischen Frauen- und Jungfrauenverein mitgetragen wurde. Später wurde noch ein Erweiterungsbau angeschlossen. Dem Problem der Arbeitslosigkeit versuchte er durch die Eröffnung einer Arbeitsvermittlungsstelle entgegen zu wirken, bei der er sich zeitweilig täglich persönlich erkundigte. Am 9. Januar 1892 übernahm Langen auch den Vorsitz im Zentralverband des Linksrheinischen Verein für Gemeinwohl. 1897 beteiligte der Zentralverband sich bei der Gründung des Rheinischen Vereins zur Förderung des Arbeiterwohnungswesens. Am 1. Mai 1912 legte Langen nach dem Tode seiner zweiten Ehefrau den Vorsitz nieder. Der Verein beendete seine Arbeit im Kriegsjahr 1914.

Am 17. November 1923 verstarb C. O. Langen jun. im Alter von 73 Jahren und fand seine letzte Ruhestätte auf dem Evangelischen Friedhof an der Seite seiner ihm im Tode vorangegangenen lieben Verwandten.

Lothar Beckers

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